Die Schweiz am Scheideweg: Bargeld droht aus dem Alltag zu verschwinden

Die Eidgenossen greifen immer seltener zu Bargeld, wenn sie an der Ladenkasse stehen. Während die Nationalbank mit einem digitalen Franken experimentiert, werden die Stimmen lauter, die das Ende von Banknoten und Münzen prophezeien. Jetzt stellt sich eine Volksinitiative dieser Abwärtsentwicklung entgegen.

Eine Initiative sammelt Unterschriften

Die »Freiheitliche Bewegung Schweiz« möchte Bargeld explizit in die Bundesverfassung schreiben, um der schleichenden Bargeldabschaffung eine Hürde in den Weg zu stellen. Bisher wird Bargeld nur vom »Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel« ausdrücklich geschützt. Dort heißt es etwa in Artikel 7:

»Die Nationalbank gibt nach den Bedürfnissen des Zahlungsverkehrs Banknoten aus.«

Die Bundesversammlung, also die Kammern des Schweizer Parlaments, könnten diesen Artikel theoretisch ändern: Ein Szenario wäre, dass das Parlament nach Einführung eines digitalen Frankens die Ausgabe von Banknoten einstellen und das Bargeld abschaffen möchte.

Ich halte das in nächster Zukunft für unwahrscheinlich, mittelfristig jedoch für sehr gut möglich. Eine ganz konkrete Gefahr ist aktuell, dass die Banken in großer Zahl Bankomaten abbauen und hohe Gebühren auf die Auszahlung von Bargeld einführen. Es werden schließlich immer weniger Einkäufe mit Bargeld gezahlt, folglich wird seltener Bargeld abgehoben und gleichzeitig bleiben die Unterhaltungskosten für Automaten mehr oder weniger dieselben. Das Ergebnis ist eine Abwärtsspirale aus weniger Barzahlungen, höheren Gebühren bei der Bargeldeinzahlung und der Bargeldauszahlung und eine immer kompliziertere Beschaffung von Bargeld. Jos Dijsselhof, Chef der SIX-Gruppe, sagte vor wenigen Tagen:

»In fünf Jahren wird voraussichtlich jeder zweite Bancomat in der Schweiz verschwunden sein.« Blick.ch

Die Volksinitiative sieht nun vor, Artikel 99 der Bundesverfassung um folgenden Passus zu ergänzen:

»Der Bund stellt sicher, dass Münzen oder Banknoten immer in genügender Menge zur Verfügung stehen.«

Diese Worte könnte man als Auftrag an Parlament und Regierung lesen, die Verfügbarkeit von Bargeld dauerhaft sicherzustellen. Nicht nur dahingehend, dafür zu sorgen, dass die Banken Bargeld weiterhin ausgeben, sondern auch, dass für den Bürger flächendeckend Möglichkeiten vorhanden sind, sich Bargeld ausbezahlen zu lassen.

Referendum und Volksinitiative

Die Schweizer Demokratie ist etwas ehrlicher als die deutsche und die in Österreich. Deshalb gibt es auch die Option, gegen einen Parlamentsbeschluss das Referendum zu ergreifen. Dann müssen 50.000 Unterschriften innerhalb von 100 Tagen gesammelt werden. Falls das gelingt, stimmt das Volk ab. Und wenn eine Mehrheit nein sagt, tritt das Gesetz im Normalfall gar nicht erst in Kraft.

Dennoch hat es Vorteile, wenn man gegen die Bargeldabschaffung Vorkehrung trifft und die Verfassung um einen Schutz für Banknoten und Münzen ergänzt. Damit eine Initiative zur Ergänzung der Verfassung zur Abstimmung kommen kann, braucht es zwar ganze 100.000 Unterschriften, dafür bleiben 1,5 Jahre Zeit, um sie zusammenzubekommen. Der Initiative, von der wir hier sprechen, verbleiben jetzt noch 12 Monate. 50.000 Unterzeichner haben sich schon gefunden.

Eine weiterer Gedanke ist: Wenn der Staat das Bargeld abschaffen wollte, müsste zunächst das Volk einer Verfassungsänderung zustimmen. Dabei bedarf es nicht nur einer Mehrheit aller gültigen Stimmen, sondern auch einer Mehrheit der Kantonsstimmen, das sogenannte Ständemehr. Bedeutet grob gesagt, dass auch das Mehr der Bevölkerung in allermindestens 12 von 26 Gliedstaaten der föderal organisierten Schweiz zustimmen muss. Weil es viele kleine konservative Kantone in der Zentral- und Ostschweiz gibt, ist nicht ausgeschlossen, dass man eine Gesetzesinitiative zur Abschaffung des Bargelds notfalls gegen die Zustimmung einer Mehrheit der Schweizer dadurch abwenden kann, dass in vielen bevölkerungsärmeren Kantonen mehrheitlich mit Nein gestimmt wird.

Wenn die Wirtschaft das Bargeld abschafft

Norbert Häring, Redakteur des Handelsblattes in Deutschland, kämpft seit sieben Jahren auf juristischem Weg dafür, dass wenigstens der Staat selbst sein eigenes Zahlungsmittel – Bargeld – akzeptiert: sei es, wenn der Bürger auf der Behörde ein neues Passdokument machen lässt, sei es in gleich welcher behördlichen und hoheitlichen Angelegenheit auch immer. Das ist heute in Deutschland nicht mehr garantiert.

Erst recht nicht garantiert ist, dass Kinder oder ältere Menschen in einen Laden gehen – etwa in eine Bäckerei – und sich dort etwas kaufen können. Da kann durchaus einmal darauf verwiesen werden, dass hier allein die Kartenzahlung möglich ist. Und das gilt leider ganz besonders auch für die Schweiz:

»›Die Meldungen von Privatpersonen häufen sich, dass es nicht mehr möglich ist, mit Bargeld zu bezahlen‹, sagt die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz und Luzerner SP-Nationalrätin. Stossend sei vor allem, wenn Bundesbetriebe und Banken, die eine grosse Marktmacht hätten, Scheine nicht mehr akzeptieren würden.« Tagblatt, 19.11.2018

Die oberste Konsumentenschützerin der Schweiz sagte das zu einer Zeit, als noch knapp 70 Prozent der Einkäufe in den Geschäften mit Bargeld bezahlt wurden. Spätestens Anfang 2020 – unter dem Einfluss substanzloser Gerüchte über gesundheitliche Nachteile der Verwendung von Bargeld – nahm die Bargeldabschaffung Fahrt auf. Die Nationalbank hat für das Jahr 2020 eine Barzahlrate von nur mehr 43 Prozent ermittelt!

Zurecht hat die ehemalige Konsumentenschützerin schon im Jahr 2018 »schwedische Verhältnisse« kommen sehen. Prof. Malte Krüger bringt es mit seiner Stellungnahme vor einem Bundestagsausschuss auf den Punkt:

»Also, Schweden hat auch ein relativ kontinuierliches Wachstum der Karte gehabt, Abnahme von Bargeld – stärker als bei uns, aber auch relativ kontinuierlich. Und dann so um 2009, 2010 ist das plötzlich gekippt, ja, dass diese ganze Bewegung sehr viel mehr Dynamik gewonnen hat. Warum? Ja, weil wenn Händler anfangen, überhaupt kein Bargeld mehr zu akzeptieren, ja, dann laufen die Leute auch ohne Bargeld rum und andere Händler sehen dann: ›Ich brauche es auch nicht mehr.‹«

Im Jahr 2010 wurden noch 39 Prozent der Einkäufe in dem skandinavischen Land mit Bargeld beglichen. 2012 dann nur noch 33 Prozent, 2014 23 Prozent, 2016 15 Prozent.

Zurück zur Schweiz, denn der Artikel im Tagblatt ging noch weiter:

»Birrer-Heimo verweist auf aktuelle Fälle. So planten etwa die SBB den bargeldlosen Verkauf von Tickets, bei Raiffeisen-Banken würden die Kassenschalter zusehends abgeschafft und in Postagenturen seien Bargeld-Transaktionen sogar staatlich eingeschränkt.«

Schauen wir noch einmal nach Schweden. Vor sechs Jahren, am 31.01.2016 schrieb das Handelsblatt unter dem Titel »Scheine sind unhygienisch«:

»›Wir bevorzugen Kreditkarten‹, prangt in großen Lettern auf Schildern in vielen schwedischen Supermärkten. Die Stockholmer Nahverkehrsbetriebe akzeptieren keine Barzahlung mehr, selbst die Zeitung oder ein paar Brötchen werden mit Kreditkarte oder Mobiltelefon bezahlt.«

Eine bemerkenswerte Synchronizität. Dieselben Schilder erwarten einen heute in vielen Schweizer Supermärkten und Geschäften. Sind große Handelsketten bereits bestrebt, sich mittelfristig des Bargelds zu entledigen?

Eine dieser großen Handelsketten scheint der schwedische Möbelkonzern Ikea zu sein. 2017 hat das Unternehmen in Zürich einen Feldversuch mit einer bargeldlosen Verkaufseinrichtung gemacht. Dann ging es weiter mit Automaten für Bedarfsgegenstände: Bezahlung allein bargeldlos möglich.

Kann die Volksinitiative der schleichenden Bargeldabschaffung Einhalt gebieten?

Eigentlich heißt es ja im »Bundesgesetz über die Währung und die Zahlungsmittel« ganz unmissverständlich:

»Schweizerische Banknoten müssen von jeder Person unbeschränkt an Zahlung genommen werden.«

Aber der Bundesrat, also die Schweizer Regierung, ist der Auffassung, dass die Vertragsfreiheit vorgeht. Kunde und Verkäufer können sich daher im gegenseitigen Einvernehmen auf ein anderes Zahlungsmittel einigen. Das ist gut. Nur frage ich mich, ob der Käufer denn dabei auch wirklich frei ist. Wenn zum Beispiel die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) Fahrscheine allein mehr bargeldlos verkaufen, welche Wahl hat man als Bürger da noch? Oder wenn man einen Parkplatz sucht und das Parkhaus nur die Kartenzahlung akzeptiert? Wenn man erst einen Vertrag mit der Bank abschließen muss, um eine Bankkarte zu bekommen, ohne die man sich in der näheren Umgebung nichts mehr zu essen kaufen kann?

Die Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo wendete sich an den Bundesrat, machte darauf aufmerksam, »dass Wirtschaftsakteure zunehmend Privatkundinnen und -kunden zu bargeldlosen Transaktionen umlenken«, und fragte nach, wie die Regierung sicherstellen will, dass der Bürger auch in Zukunft mit Bargeld zahlen kann. Der Bundesrat hat vereinfacht gesagt geantwortet, dass er nichts zu tun beabsichtigt.

Wenn wir nun auf die Volksinitiative schauen, sehen wir, dass sie bei einem äußerst wichtigen Aspekt ansetzt: dem Zustrom von Bargeld. Die Politik wäre fortan zu gewährleisten verpflichtet, dass der Bürger die Möglichkeit behält, Bankguthaben abzuheben und Bargeld zu beziehen. Eine vollständige Abschaffung des Bargelds wäre nur mehr nach Zustimmung des Volkes denkbar. Dazu gibt es noch einen ergänzenden Gesichtspunkt:

Wenn der Handel verpflichtet werden würde, Bargeld anzunehmen, hätte der Bürger die Frage der Bargeldabschaffung ganz in seinen Händen. Bei jedem Einkauf könnte er sich entscheiden, ob er mit Bargeld zahlen möchte. Und wenn er es tut, würde er damit seine Stimme für den dauerhaften Erhalt des Bargelds und für eine freie Gesellschaft abgeben. Durch eine Annahmepflicht wäre nicht nur der Zustrom von Bargeld abgesichert, sondern auch der Abstrom – also die Möglichkeit, Bargeld nicht nur als Wertaufbewahrungsmittel, sondern auch als Zahlungsmittel zu verwenden.

Falls die Volksinitiative erfolgreich sein sollte, könnte man noch einen Schritt weitergehen und den Schutz für Bargeld ausbauen. Wie das gehen könnte, das lesen Sie in zwei Beiträgen auf Bargeldverbot.info:

Die Volksinitiative unterstützen

Sie finden auf der Internetseite des Initiativkomitees die Unterschriftsbogen zum Ausdrucken. Sofern Sie das Schweizer Bürgerrecht besitzen, können Sie mit Ihrer Unterschrift dazu beitragen, dass die Volksinitiative zustande kommt. 50.000 Unterzeichner braucht es noch bis Februar 2023. Reichen Sie diesen Artikel hier weiter, verbreiten Sie ihn in Ihrem Netzwerk! Machen Sie Ihre Schweizer Freunde darauf aufmerksam, besonders auch, wenn Sie nicht Eidgenosse sind. Und vor allem: Zahlen Sie jeden Einkauf bar – für die Nachwelt und für eine freie Gesellschaft.

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Mehr als 100 Grafiken ermöglichen es auch Laien, die komplexen Zusammenhänge leicht zu verstehen. Dabei folgt Hansjörg Stützle seinem Anspruch, nicht nur aufzuklären, sondern auch Lösungen aufzuzeigen. So beleuchtet er die Bargeldabschaffung auch aus dem Blickwinkel der morphischen Felder. Dieser Perspektivenwechsel schafft Raum für Hoffnung und bietet jedem Einzelnen die Chance, ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der Lösung zu sein.

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