Bezahlen mit Bargeld im Alltag schwieriger geworden
Automaten werden abgebaut, Bankfilialen verschwinden. Händler schaffen in ihrem Laden das Bargeld ab oder erwarten, dass der Kunde mit Karte bezahlt. Schleichend hält die Bargeldabschaffung Einzug. Die Bankenindustrie erfreut sich steigender Umsatzzahlen. Das ist das Bild der letzten zwei Jahre.
Inhaltsübersicht:
- Bargeldanteil bei den Zahlungen zurückgegangen
- Ein Bundestagsausschuss diskutiert zum Thema »Welt ohne Bargeld«
- Die Entwicklung in Schweden
- Händler beginnen das Bargeld abzuschaffen
- Immer weniger Geldautomaten
- Die Nutzung von Bargeld hat Vorteile
- Helfen Sie mit, über die Vorteile der Barzahlung aufzuklären
Bargeldanteil bei den Zahlungen zurückgegangen
Vor zweieinhalb Jahren beschrieb die Bundesbank die Lage wie folgt:
»Im deutschen Einzelhandel werden jährlich rund 20 Milliarden Transaktionen getätigt, davon im Jahr 2018 gut 76% mit Bargeld. Gemessen am Umsatz beläuft sich der Anteil von Barzahlungen immer noch auf knapp 50%.«
Heute sieht es anders aus. Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz sagte im November 2021:
»60 Prozent der alltäglichen Transaktionen, die in Deutschland getätigt werden, werden immer noch bar bezahlt. Schaut man auf die Umsätze, sind es allerdings nur noch ein Drittel.«
In der Schweiz ist die Situation noch viel dramatischer. Die Nationalbank berichtet, dass im Jahr 2020 nur mehr 43% der Zahlungen an der Ladenkasse mit Bargeld getätigt wurden, während es 2017 noch 70% waren. Hinsichtlich der Frage, über welches Zahlungsmittel die Händler den meisten Umsatz erwirtschaftet haben, lässt sich sagen:
»Der Wertanteil der Debitkarte beläuft sich mittlerweile auf 33% (2017: 29%), derjenige von Bargeld auf noch 24% (2017: 45%). Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass Bargeld unterdessen nur noch für Kleinbeträge (unter 20 Franken) das meistgenutzte Zahlungsmittel darstellt, während 2017 bei Zahlungen bis 50 Franken noch mehrheitlich auf Bargeld zurückgegriffen wurde.«
Am besten sieht es noch in Österreich auch:
»Die Bargeldnutzung ist während der Pandemie um 13 Prozentpunkte im Vergleich zu 2019 zurückgegangen. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim Anteil des Gesamtwertes der Transaktionen am Point of Sale (POS), der sich von 58 % im Jahr 2019 auf 51 % verringert hat. Trotz einem sehr hohen Zahlungskartenbesitz (97 %) bleibt Bargeld in Österreich weiterhin mit 66 % aller Transaktionen am POS das beliebteste Zahlungsmittel der in Österreich lebenden Menschen.«
Anmerkung: Den »Point of Sale« kann man sich vorstellen als den Ort, wo sich Käufer und Verkäufer gegenüberstehen, während der Kunde bezahlt und der Händler die Ware überreicht. Einkäufe im Internet zählen also nicht dazu.
Ein Bundestagsausschuss diskutiert zum Thema »Welt ohne Bargeld«
Am 18. Juni 2020 diskutierte der Technikfolgenausschuss des Deutschen Bundestages eine Welt ohne Bargeld, das Für und Wider. Malte Krüger, Professor an der Hochschule Aschaffenburg, stellte eine Prognose auf, was die aktuelle Entwicklung mit sich bringen könnte:
»Das außerordentliche Problem hierbei ist, dass wir bei Phänomenen wie dem Zahlungsverkehr Entwicklungen haben können, die eine ganze Weile ganz ruhig verlaufen. Und wir sehen in der Tat im Moment in vielen Bereichen der Welt, dass die Nutzung von unbaren Zahlungsmitteln zunimmt, ja, ganz klar. Und Bargeld nimmt ab. Also, in Deutschland war es ja fast eine Konstante: also, der Anteil der Barzahlungen im Einzelhandel jedes Jahr ein Prozentpunkt weniger – ja, konnte man fast darauf bauen, ja. Das geht aber eine Weile so, aber in solchen Industrien wie den Zahlungsverkehrsnetzindustrien kommt irgendwann ein Punkt, wo das plötzlich eine ganz andere Dynamik aufnehmen kann. Also, Schweden hat auch ein relativ kontinuierliches Wachstum der Karte gehabt, Abnahme von Bargeld – stärker als bei uns, aber auch relativ kontinuierlich. Und dann so um 2009, 2010 ist das plötzlich gekippt, ja, dass diese ganze Bewegung sehr viel mehr Dynamik gewonnen hat. Warum? Ja, weil wenn Händler anfangen, überhaupt kein Bargeld mehr zu akzeptieren, ja, dann laufen die Leute auch ohne Bargeld rum und andere Händler sehen dann: ›Ich brauche es auch nicht mehr.‹ Und dann schaukeln sich beide Seiten gegenseitig hoch und dann kann es sehr, sehr schnell gehen. Und einige Länder haben deshalb auch jetzt schon aktiv versucht, das abzubremsen.«
Hier sehen Sie seine Aussage auf Video festgehalten:
Die Entwicklung in Schweden
Eine Grafik der schwedischen Nationalbank zeigt, wie Bargeld innerhalb weniger Jahre aus dem Alltag verschwunden ist:
2010 wurden noch 39% der Einkäufe an der Ladenkasse mit Bargeld beglichen, was an die aktuelle Situation in der Schweiz (43% im Jahr 2020) nah herankommt. Und dann ging es rasant. Eine wachsende Zahl Händler und Handelsketten überlegte sich, dass es sich betriebswirtschaftlich auszahlen könnte, die Barkasse zu schließen. Die Kunden wurden fortan an das Kartenbezahlterminal gebeten. Weniger Irritationen mit den Finanzämtern, weniger Abrechnungsaufwand, keine Fahrten auf die Bank, so die Überlegung.
»Wir bevorzugen Kreditkarten.« Solche Aufsteller an der Supermarktkasse kennt man hierzulande seit der Coronakrise. Eigentlich kommt diese Aufforderung aber aus Schweden. In einem Handelsblattbericht vom 31.01.2016 heißt es:
»›Wir bevorzugen Kreditkarten‹, prangt in großen Lettern auf Schildern in vielen schwedischen Supermärkten. Die Stockholmer Nahverkehrsbetriebe akzeptieren keine Barzahlung mehr, selbst die Zeitung oder ein paar Brötchen werden mit Kreditkarte oder Mobiltelefon bezahlt.«
Auch dass man am Fahrkartenautomat oder beim Busfahrer mit seinen Münzen keinen Fahrschein mehr bekommt, ist neuerdings Realität in Städten wie Berlin, Chemnitz, Dresden oder Erfurt. Auch in der Schweiz hält diese Entwicklung Einzug, wie Bargeldverbot.info Anfang Januar berichtete. Es geht bereits so weit, dass man mitunter auf dem Bürgeramt ohne Bankkarte aufgeschmissen ist. Also dort, wo man eine Gebühr zu entrichten hat, wenn man sich pflichtbewusst einen Personalausweis ausstellen lässt. Auf diesen Missstand machte Norbert Häring, Redakteur des Handelsblattes, auf seinem Blog aufmerksam.
Händler beginnen das Bargeld abzuschaffen
Alarmierendes offenbart ein Befragung des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, veröffentlicht kurz vor Weihnachten 2021: So sagten 11% der Befragten, dass sie bereits erlebt haben, dass in Geschäften Bargeld abgelehnt wird und nur die Kartenzahlung akzeptiert wurde. 19% hatten schon in Läden den Eindruck gehabt, dass die Bargeldzahlung nicht erwünscht ist.
Immer weniger Geldautomaten
Die Tagesschau berichtete vergangenen Oktober, dass innerhalb von 12 Monaten 1500 Geldautomaten abgebaut wurden. Die Standorte der Sparkassen und Landesbanken hätten sich bereits 2020 um 679 verringert.
2019 antworteten der Verbraucherzentrale noch 76%, dass sie nie Probleme beim Bargeldbezug gehabt hätten. 2021 waren es nur noch 69%. Gleichzeitig brachten 85% zum Ausdruck, dass sie auf die Möglichkeit, mit Bargeld zu bezahlen, nicht verzichten müssen wollen.
Die Nutzung von Bargeld hat Vorteile
35% derer, die auf Bargeld nicht verzichten wollen, antworteten dem Verbraucherzentrale-Bundesverband, dass sie Bargeld schätzen, weil es ihnen eine bessere Kontrolle über ihre Ausgaben ermöglicht. Dies war auch der am häufigsten genannte Grund, weshalb man gerne mit Bargeld bezahle. Neuroökonomen wissen, warum das so ist:
Bargeld ist das einzige Zahlungsmittel, das man aus der Hand geben muss, um etwas erwerben zu können. Auf diese Art prägt sich einem der Verlust, etwas von sich gegeben zu haben, besser ein, als es bei der Zahlung mit Karte oder Smartphone der Fall ist. Außerdem ist die innere Hürde höher, überhaupt etwas zu kaufen. In der wirtschaftlichen Notlage, in der sich viele Menschen befinden, ist Bargeld das Zahlungsmittel erster Wahl. Anders sehen das zum Beispiel Bankenverbände und Kreditkartenkonzerne. Sie werben damit, dass ihre eigenen Bezahllösungen besonders hygienisch wären, Bargeld dagegen nicht. Diese Sorge wurde von der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank vollumfänglich zerstreut:
Helfen Sie mit, über die Vorteile der Barzahlung aufzuklären
Es ist eine große Volksabstimmung. Jedes Mal, wenn wir an der Kasse stehen, geben wir unsere Stimme ab. Wir haben die Wahl: »Ja zum Erhalt des Bargelds« oder »Ja zum rein digitalen Bezahlen«. Es ist die Wahl zwischen Kontrolle über die eigenen Finanzen und Kontrolliertsein von Staat, Konzernen und Banken. Wenn Sie zu den 85% gehören, die nicht auf die Möglichkeit verzichten wollen, im Laden mit Bargeld zu bezahlen, dann tun sie nur eines: Zahlen Sie jeden Einkauf in bar! Denken Sie daran: Der Handel muss kein Bargeld akzeptieren, und je weniger Menschen mit Bargeld bezahlen, desto näher kommt der Punkt, wo es uns ergeht wie den Schweden. Die Schweiz steht schon jetzt kurz vor der Kippe. Bereits auf den Weihnachtsmärkten in Bern und Zürich war zuletzt die Barzahlung ausgeschlossen.
Helfen Sie mit, unsere Mitmenschen aufzuklären! Sie bekommen kostenfrei Visitenkarten von uns. Die können Sie jedem weiterreichen, der an die Geschichte vom dreckigen, unhygienischen Bargeld glaubt. Und Sie können Flyer zum Verteilen bekommen, ebenfalls kostenlos. Oder reichen Sie diesen Artikel weiter, per E-Mail oder über soziale Netzwerke. Helfen Sie mit – für eine freie Gesellschaft, für die Nachwelt.
Hallo Herr Stützle,
einerseits wird einem das Bezahlen ohne Bargeld erleichtert – das fängt an bei den Parkgebühren, die gerne und einfach per App bezahlt werden können. Andererseits wird es schwerer, an Bargeld „heranzukommen“, da Bankfilialen schließen und keine Bankomaten mehr in der gewohnten Umgebung zu finden sind, an denen man kostenfrei Geld abheben kann.
Da nutzen dann immer mehr Menschen die Möglichkeit, in Supermärkten direkt an der Kasse kostenfrei Geld „abzuheben“ – müssen dafür aber mit Karte bezahlen. Eine Spirale, die sich immer schneller zu drehen scheint.
Bis 2023 könnten 40 Prozent der Bankfilialen in Europa wegfallen:
https://orf.at/stories/3216447/
Keine Barzahlung mehr im Stadion (Genf): https://www.srf.ch/sport/fussball/super-league/schweizer-fussball-news-kein-bargeld-mehr-im-stade-de-geneve