Wenn der digitale Euro kommt, könnten Ihnen die Banken kein Bargeld mehr ausbezahlen wollen

Die Europäische Zentralbank plant digitales Bargeld einzuführen. Während einige darin eine Konkurrenz für das Giralgeld der Banken sehen, kristallisiert sich heraus, dass dabei im Wesentlichen das physische Bargeld aus Scheinen und Münzen in Bedrängnis gerät.

Prominente Unterstützer

Die Banken verlören Einlagen und würden destabilisiert, ihr Geschäftsmodell sei unter Druck: Folgt man den Kommentaren in der Presse, was das digitale Bargeld mit sich bringen könnte, entsteht der Eindruck, die Finanzbranche müsse jetzt das Fürchten lernen.

Allerdings hat der Bundesverband deutscher Banken bereits 2019 für den elektronischen Euro geworben. Und Anfang Juli veröffentlichte die Deutsche Kreditwirtschaft – ebenfalls eine Interessenvertretung der Bankhäuser – eine Stellungnahme, in der es heißt, ein digitaler Euro sei von zentraler Bedeutung.

Wenn das Vorhaben der Europäischen Zentralbank solch prominente Unterstützer besitzt, müssen wir die Sache ernst nehmen und mit der Einführung der Digitalwährung rechnen.

Bargeld unter Beschuss

EZB-Direktor Yves Mersch setzte sich 2016 in einem Essay mit der wachsenden Gruppe von Bargeldgegnern auseinander: Ein Lager bestreiten Kollegen aus seinen eigenen Reihen: Ökonomen, Finanzpolitiker, Notenbanker. Ein weiteres setzt sich zusammen aus Akteuren der Finanzindustrie: solchen, deren Geschäftsmodell es ist, mit Geld Geld zu machen. Und ein drittes Lager bildet sich aus den Befürwortern staatlicher Überwachung.

Die Idee, das Bargeld abzuschaffen, ist also keine gelegentlich geäußerte Utopie, sondern eine Bestrebung, die in die Chef-Etagen des Geldsystems hineinwirkt.

Nehmen wir einmal an

Nehmen wir einmal an, wir wollten das Bargeld abschaffen. Dabei stehen wir vor einer Hürde, nämlich der Verfassung: Es gibt die Vertragsfreiheit, die Eigentumsfreiheit oder auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung:

1) Eine Abschaffung von Bargeld würde jeden, der kaufen oder verkaufen will, zwingen, einen Vertrag mit einer Bank oder einem Zahlungsdienstleister einzugehen. Das schränkt die verfassungsmäßig garantierte Freiheit ein, einer Vereinbarung fernzubleiben. Nach einem Barzahlungsverbot wäre es außerdem untersagt, Banknoten und Münzen in Zahlung zu nehmen. Das greift in das Recht ein, sich auf Bargeld als Zahlungsmittel zu verständigen.

2) Die Eigentumsfreiheit beinhaltet grundsätzlich, dass man mit seinem Eigentum tun und lassen kann, was man möchte. Sein Bargeld kann man also verbrennen (solange man andere und anderes nicht mit dem Rauch und der Asche beeinträchtigt), verkaufen, verschenken oder in Zahlung geben. Und wenn man eine Banknote nicht mehr »verkaufen« darf im Austausch gegen einen Laib Brot und fünf Butterbrezeln, dann ist man in gewisser Weise enteignet worden.

3) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt vor dem Ausspähen und Auswerten von Informationen über die eigene Person: wie arm man ist, aber auch wo man einkauft, was, wann und für wie viel.

Die Freiheiten sind dem Wandel der Zeit unterworfen

Wir Bargeldabschaffer stehen also vor einem Problem. Ganz so schlecht aber sieht es für uns nicht aus: Keines der genannten Grundrechte wird unbeschränkt gewährt. Eingriffe sind per Gesetz möglich, wenn die Rechtfertigung den Anforderungen standhält und der Wesensgehalt der eingeschränkten Grundfreiheit unangetastet bleibt. Und wir haben nochmal Glück: Was der Wesensgehalt ist, da lässt uns die Verfassung im Dunklen. Wir können also davon ausgehen, dass sich die Verfassungsmäßigkeit einer Bargeldabschaffung letztlich daran orientiert, wie groß der Schmerz darüber in der Bevölkerung ist. Wir müssen also langsam und schrittweise vorgehen, damit sich der Bürger Stück für Stück an die neue Realität gewöhnt:

Was auch für uns spricht, ist, dass die Freiheit rostet. Was hergegeben wurde, kommt schwer zurück. Denn ab dem Moment, wo es weg ist, lernt der Bürger damit zu leben. Und dann befindet sich die Gesellschaft an einem neuen Ausgangspunkt, von wo aus sie zu definieren beginnt, was der Wesensgehalt eines Grundrechts ist.

Schätzen Sie den Gesetzgeber so ein, dass er um der Freiheit und dem Schutz der Grundrechte willen Bargeld einführen würde, wenn es heute nicht existieren und wir alle nur bargeldlos bezahlen täten? Ich denke, die Reaktion vieler Leute gegenüber solch einer Idee wäre eher von Angst geprägt: Angst vor Kriminalität, Angst davor, dass der Terrorismus zunimmt.

Wenn das Bargeld also erst einmal abgeschafft ist, sind wir ganz außen vor; niemand führt es wieder ein. Damit es aber so weit kommt, müssen wir uns noch einen Plan überlegen.

Der Plan für die Bargeldabschaffung

Unsere Aufgabe ist es, einen Weg zu finden, die Bedeutung von Bargeld stückweise zu minimieren. Außerdem soll unser Vorhaben möglichst ohne rechtliche Querelen durchkommen. Wir kreieren also nach Möglichkeit eine Situation, in der sich Bargeld wie von selbst abschafft und berücksichtigen dabei folgende juristische Gegebenheiten:

1) Der Vertragsfreiheit können wir weitgehend entsprechen, indem wir einfach auf ein Bargeldverbot verzichten, also keine Regel einführen, nach der die Barzahlung verboten ist. Stattdessen bemühen wir uns darum, die Verfügbarkeit von Bargeld und seine Akzeptanz im Handel zu beschränken: Wir sehen nach, dass es schwer oder unattraktiv ist, sich Bargeld bei der Bank auszahlen zu lassen, und sorgen dafür, dass es für die Geschäfte im Einzelhandel unrentabel ist, eine Barkasse zu unterhalten.

2) Um die Eigentumsfreiheit zu wahren, sind mehrere Dinge zu beachten. Ein Barzahlungsverbot steht mit ihr im Widerspruch, denn der Bürger kann dann mit seinem Bargeldeigentum nicht mehr frei verfahren. Außerdem haben wir folgendes Problem:

»Einlagen sind gesetzliche Schulden, die eine Bank ihren Kunden schuldet […].« Tuomas Välimäki, Zentralbank von Finnland

Wenn das Girokonto einer Person Guthaben ausweist, befindet sich der Kontoinhaber also in der Rolle eines Gläubigers und die Bank ist Schuldner. Giralgeld ist definiert als Forderung auf Bargeld. Die Kreditinstitute müssen ihren Kunden folglich Bargeld ausbezahlen. Das bedeutet, wir können als Bargeldabschaffer nicht einfach veranlassen, dass die Zentralbank keine Banknoten mehr ausgibt. Gleichzeitig müssten wir aber genau hier ansetzen, denn wir wollen ja die Verfügbarkeit von Bargeld eingrenzen.

3) Digital und anonym ist ein Widerspruch. Um für die informationelle Selbstbestimmung dennoch zu gewähren, greifen wir auf ein modernes Konzept von allgemeiner Akzeptanz zurück: Datenschutz statt Datensparsamkeit. Wir schaffen also eine Möglichkeit des Bezahlens, wie sie Christine Lagarde 2018 auf dem Singapore Fintech Festival vorgeschlagen hat:

»Die Identität des Nutzers würde authentifiziert werden […], aber sie würde nicht an Dritte oder Regierungen weitergegeben werden, wenn es das Gesetz so vorsieht. […]. Im Falle eines Verdachts wäre es möglich, den Schleier der Anonymität zu lüften und Ermittlungen einzuleiten.«

Der E-Euro als gesetzliches Zahlungsmittel

Wir unterstützen also die Schaffung einer pro forma anonymen Digitalwährung mit der Möglichkeit, Giralgeld in digitales Bargeld umzutauschen. Per Gesetz erheben wir den elektronischen Euro in den Rang eines gesetzlichen Zahlungsmittel, so wie es heute schon erwartet wird. Die Definition für »gesetzliches Zahlungsmittel« lautet:

»Gesetzliche Zahlungsmittel sind die Zahlungsmittel, denen der Staat durch Gesetz unbeschränkte Zahlungskraft beigelegt hat. Sie müssen von dem Gläubiger einer Geldschuld als Erfüllung angenommen werden.« Juristisches Wörterbuch für Studium und Ausbildung, 15. Auflage, Gerhard Köbler

Und plötzlich muss die Bank kein Bargeld mehr ausbezahlen. Jeden Kunden respektive Gläubiger kann sie bedenkenlos mit E-Euros befriedigen. Zweifel an einer solchen Praxis bestehen juristisch jedenfalls noch so lange, wie nicht jeder Mensch und jede juristische Person eine Möglichkeit besitzt, digitales Bargeld zu empfangen und mit ihm zu bezahlen; schließlich wären bis dahin E-Euros von geringerem Wert als echte Banknoten.

Wenn Bargeld bröckelt

Wenn wir das Bargeld abschaffen wollen, haben wir mit der Einführung des E-Euros als gesetzliches Zahlungsmittel erst einmal juristisch ausgesorgt. Jetzt müssen wir die zweite Stufe zünden und noch aktiver daran arbeiten, Bargeld zu schwächen:

1) Der Staat ruft zum kontaktlosen Bezahlen auf. Bargeld gewinnt nach und nach das Image, die Gefahr einer Krankheitsübertragung zu beherbergen und wird gemieden.

2) Während die Vorteile des digitalen Bezahlens kommuniziert werden, wird unablässig wiederholt, dass Bargeld abgeschafft gehöre, unbezahlbar teuer wäre, umweltschädlich, einen Anachronismus darstellte, die Muttermilch des Verbrechens und noch dazu eine Gesundheitsgefahr.

3) Giralgeld wird von der Finanzbranche subventioniert und mittels staatlicher Hilfe maximal billig gemacht.

4) Die Banken bauen mehr und mehr Automaten ab; der Zugang zu Bargeld wird schwieriger.

5) Bargeldobergrenzen werden eingeführt und sinken auf immer niedrigere Beträge, ab denen die Nutzung von Bargeld zu Zahlungszwecken verboten ist.

6) Um Kosten einzusparen, bauen die Verkehrsbetreiber Ticketautomaten ab und immer mehr Bürgerämter schließen die Kasse. Eine freie Gesellschaft ist niemand eine Investition wert. Bezahlen soll digital stattfinden, das wäre günstiger.

7) Moderne FinTech-Banken schießen aus dem Boden. Bargeld fällt bei ihnen wie vieles andere der Rationalisierung der Betriebsabläufe zum Opfer. In der Folge ist es diesen Kreditinstituten möglich, sehr günstige Girokonten anzubieten. Traditionelle Filialbanken dagegen müssen nach Wegen suchen, mit den billigen Preisen zu konkurrieren. Das bewegt sie dazu, den gesamten finanziellen Aufwand für den Bargeldverkehr mittels Gebühren auf den Kunde umzulegen.

8) Dank der Münzprüfverordnung müssen selbst die kleineren Centmünzen von den Banken auf ihre Echtheit hin geprüft werden. Die horrenden Kosten dafür belasten vor allem Einzelhändler. Sie haben die Gebühren zu tragen und zweifeln immer öfter an der Sinnhaftigkeit des Bargelds.

All diese Maßnahmen sorgen dafür, dass immer weniger Leute auf Bargeld zurückgreifen. Das hat zwei unmittelbare Folgen:

  • Der Handel beginnt, Bargeld abzulehnen. Prof. Malte Krüger gab vor dem Bundestagsausschuss für Technikfolgenabschätzung die Prognose ab, dass der Punkt sehr schnell kommt, an dem die Geschäfte aus betriebswirtschaftlichen Gründen reihenweise die Barkasse schließen und abschaffen werden.
  • Die Kosten für Bargeldein- und -auszahlungen verteilen sich auf immer weniger Menschen. In der Folge werden die Banken am Schalter und am Automat von Privatpersonen und Gewerbetreibenden immer höhere Gebühren verlangen.

Diese beiden Konsequenzen aus der Zurückdrängung des Bargelds bedeuten in der Praxis, dass seine Abschaffung Fahrt aufnimmt und Banknoten und Münzen noch einmal zügiger aus dem Leben der Gesellschaft verschwinden.

Das Spiel mit der Digitalwährung

Momentan ist angedacht, den E-Euro mit einem Limit zu versehen. Vertreter der EZB sollen eine Summe von 3000 Euro vorgeschlagen haben. Größere Beträge muss der Bürger dann in Giralgeld oder Bargeld halten. Auch die Finanzbranche interessiert sich für diese Frage, denn für die Privatbanken wäre es katastrophal, wenn ihre Kunden das Konto räumten und stattdessen E-Euros halten würden. Solange es nämlich keine Zinsen auf Sparguthaben gibt, wäre digitales Bargeld gegenüber Bankguthaben die attraktivere Form der Vermögensaufbewahrung: Im Falle einer Bankeninsolvenz hätte man die besseren Karten.

Wir wollten aber das Bargeld abschaffen und dabei nicht mit der Eigentumsfreiheit in Konflikt kommen. Also müssen wir dafür sorgen, dass Bankguthaben vollständig in E-Euros umtauschbar sind. Denn erst wenn die Banken ihre Kunden zur Gänze digital ausbezahlen können, ist es uns als Zentralbank möglich, die Banknotenausgabe einzustellen.

Alles, was wir zwecks der Bargeldabschaffung noch brauchen, ist also ein Umstand, der die Auszahlung des Giralgelds in digitales Bargeld unattraktiv macht: Wegen der anhaltenden Rezession der Wirtschaft sind die Negativzinsen ohnehin schon in aller Munde. Die führen wir jetzt für das digitale Bargeld ein; die Banknotenpresse wandert zugleich ins Museum.

Vom Minuszins wäre zwar nicht nur der Bürger, sondern auch die Banken betroffen, jedoch haben sie es nicht nötig, Minuszinsen in derselben Höhe für die Sparkonten ihrer Kunden einzuführen. Schließlich verhilft ihnen die Einlage des Kunden zu einer besseren Liquidität, in anderen Worten: Die Bank hat einen finanziellen Vorteil, den sie dem Kunden durch verminderte Minuszinsen zurückfließen lassen kann.

Resümee

Die Digitalwährung der Europäischen Zentralbank ist mehr als ein Konkurrent für das Bargeld: Sie ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Bargeldabschaffung. Anders kann das Fazit nur ausfallen, wenn es uns gelingt, eine Garantie für die Akzeptanz und Verfügbarkeit von Bargeld in der Verfassung und in den EU-Verträgen zu verankern.

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Mehr als 100 Grafiken ermöglichen es auch Laien, die komplexen Zusammenhänge leicht zu verstehen. Dabei folgt Hansjörg Stützle seinem Anspruch, nicht nur aufzuklären, sondern auch Lösungen aufzuzeigen. So beleuchtet er die Bargeldabschaffung auch aus dem Blickwinkel der morphischen Felder. Dieser Perspektivenwechsel schafft Raum für Hoffnung und bietet jedem Einzelnen die Chance, ein wichtiger und unverzichtbarer Teil der Lösung zu sein.

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