Kategorie: Fachartikel

Rom will das Bargeld abschaffen: Ganz Italien soll nur mehr bargeldlos zahlen

Mehr noch wie in Deutschland zahlten die Italiener in den Geschäften bis zuletzt zum allergrößten Teil mit Bargeld. Ende 2019 eröffnete die Regierung in Rom einen offensiven Kampf für eine bargeldlose Gesellschaft. Im Juni 2020 fielen alle Schleier: Ministerpräsident Conte erklärte, sein Land müsse auf dem unsanften Weg staatlicher Maßnahmen das Bargeld abschaffen. Ausgangspunkt unserer Betrachtungen in diesem Artikel ist das Jahr 2015.

Ein Schritt rückwärts in der Bargeldabschaffung? Ministerpräsident Matteo Renzi hebt die Bargeldobergrenze an, um den Konsum in Italien zu fördern 

Seit dem 6. Dezember 2011 war in Italien bei Beträgen über 999,99 Euro nur mehr die bargeldlose Zahlung erlaubt. Doch die neue Regierung unter Matteo Renzi setzte mit dem Haushaltsgesetz 2016 eine Anhebung auf 2999,99 Euro fest. »Der Standard« schrieb dazu unter dem Titel »Premier Renzi will Hemmschwellen für den Konsum beseitigen« am 13. Oktober 2015:

»›Wir wollen uns an Frankreich ein Beispiel nehmen, um somit den Privatkonsum zu fördern‹, berichtete Renzi. […]. Die Bargeldgrenze würde viele Touristen abschrecken, sagen Kaufleute-und Hotelierverbände. […]. Für Geschäfte und Freiberufler habe die Beschränkung der Bargeldzahlung zu argen Umsatzeinbußen geführt. Dies sieht auch Premier Renzi ein. […]. ›Es gibt andere Wege, um die Steuerhinterziehung zu bekämpfen‹, so Renzi.«

Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000023638105/italien-will-bargeld-grenze-erhoehen

Wenn die Förderung des Konsums alles ist, was einen dazu bewegt, einen Schritt in Richtung Bargeldabschaffung rückgängig zu machen, muss das Bargeld in Italien weiterhin mit dem Schlimmsten rechnen. Und tatsächlich:

Eine Strafe für die Ablehnung der bargeldlosen Zahlung und Anreize für bargeldlosen Konsum 

Italien hat im europäischen Vergleich eine hohe Barzahlrate. Einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2017 zufolge werden 86% der Einkäufe in Geschäften bar und nicht bargeldlos bezahlt (gegenüber 79% im Euroraum) und der Einzelhandel macht 68% seines Umsatzes mit Bargeld (gegenüber 54% im Euroraum). Trotzdem sind in Italien 2017 bereits weit mehr Kartenbezahlinstrumente als in Deutschland im Einsatz gewesen.

Im Oktober 2019 stellten die Minister in Rom ihren Entwurf für das Haushaltsgesetz 2020 vor. Im Verlauf der folgenden Monate wurde es durch Änderungen und Dekrete weiter ausgestaltet. Es wurde vorgesehen, dass:

1.) ein Händler jedes Mal, wenn er einen Kunden abweist, der bargeldlos zahlen will, eine Strafe von 30 Euro zahlen muss. Im Gegenzug gewährt der Staat dem Händler, solange der Umsatz dieses Unternehmers unter 400.000 Euro pro Jahr liegt – so steht es in dem Dekret des Direktors der Steuerbehörde von April 2020 –, eine Steuergutschrift in Höhe von 30% der Transaktionskosten für die bargeldlosen Zahlungen, die er gegenüber Banken und Kreditkartenkonzernen zu berappen hat.

(Wohl im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise ab dem Frühjahr 2020 wurde dann zumindest auf die Strafe für die Ablehnung der bargeldlosen Zahlung vorerst verzichtet.)

2.) der Staat ein Budget in Milliardenhöhe bereitstellt, um den Konsum in bestimmten Bereichen der Wirtschaft anzukurbeln. Konsumenten erhalten nach Einkäufen in bestimmten Läden vom Staat einen Teil des Kaufbetrags wieder auf ihr Konto gutgeschrieben. Bedingung: Sie bezahlen bargeldlos.

(Mit Stand August 2020 ist immer noch nicht klar, wie hoch die Gutschrift sein wird und welche Konsumgüter letztendlich gefördert werden. Die Rede ist unter anderem von Kleidung und Haushaltsgeräten. Der Bürger erfährt jedenfalls aus der Presse, dass bis Jahresende 2020 Klarheit herrscht und dass die Gutschriften in Höhe von bis zu 30% des Einkaufspreises rückwirkend ausgeschüttet werden, sofern bargeldlos gezahlt wurde. Im Endeffekt heißt das: Wenn man sich sicher sein will, dass man keine Chance vertut, in den Genuss einer Förderung zu kommen, muss man schon jetzt jeden Einkauf bargeldlos zahlen.)

Bargeldlosigkeit ist schon für sich allein ein Konsumreiz

Neben besserer Bekämpfung der Steuerhinterziehung beabsichtigte die Regierung Conte ihren Worten nach mit den Maßnahmen – ebenso wie Matteo Renzi damals – den Konsum zu fördern. Tatsächlich befeuert die Regierung durch ihre Anreize den Konsum noch auf ganz andere Weise: Wer nämlich häufiger bargeldlos zahlt, der gibt grundsätzlich auch mehr Geld aus, weil ihm mit Karte oder Handy weniger bewusst ist, dass er gerade eine Zahlung tätigt.

Presseberichte und Gesetzestexte zu den italienischen Maßnahmen für eine bargeldlose Gesellschaft

Links zu Presseartikeln zum Entwurf der Minister für das Haushaltsgesetz 2020 und der Förderung des bargeldlosen Bezahlens:

https://tirol.orf.at/stories/3017850/

https://boerse.ard.de/anlagestrategie/regionen/italien-sagt-basta-bargeld100.html

https://www.rainews.it/tgr/tagesschau/articoli/2019/10/tag-Haushalt-Italien-Staatsverschuldung-Regierung-Conte-quota-cento-cinque-stelle-61843eb5-346a-463e-9380-ba40a2de1aae.html

Die Zustimmung zum Haushaltsgesetz 2020 und das Ja zum Kurs auf eine bargeldlose Gesellschaft erfolgte nach längerem Ringen im Laufe des Dezembers 2019 mit den Stimmen der Regierungsparteien:

Abgeordnetenhaus: https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/italien-abgeordnetenhaus-stimmt-fuer-haushaltsgesetz-a-1302687.html

Senat: https://www.vaterland.li/region/international/italiens-senat-stimmt-haushaltsgesetz-zu;art102,407420

Das Gesetz in Italienisch: https://manovra2020.it/decreto-fiscale-2020/

Ministerpräsident Giuseppe Conte kündigt an: Italien wird das Bargeld abschaffen

Im Juni 2020 ging schließlich die Meldung durch die italienische Presselandschaft, Giuseppe Conte wolle das Bargeld abschaffen. Bei Radiotelevisione Italiana hieß es in der zweiten Titelzeile:

»Der Ministerpräsident will beim Wiederaufbau auf EU-Zuschüsse und die Abschaffung des Bargeldes im Kampf gegen Schattenwirtschaft setzen.«

Das Programm »Recovery Italia«, mit dem dieser Wiederaufbau verwirklicht werden soll, sei, so Conte, ein gezieltes Programm zur Förderung des Wirtschaftswachstums, das mithilfe des von der EU finanzierten »Recovery Fund« (Wiederaufbaufonds) umgesetzt werden soll.

Die staatlichen Maßnahmen gegen den Gebrauch von Bargeld haben direkten Bezug zu den durch die EU-Kommission in Aussicht gestellten Geldzahlungen in Höhe von fast 200 Milliarden Euro:

»Bis September will Conte nach eigenen Ausgaben einen genauen Plan ausarbeiten und dann der EU-Kommission in Brüssel vorlegen. Unter anderem versprach der […] Regierungschef den Abbau von Bürokratie sowie die Ausweitung des elektronischen Zahlungsverkehrs zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Schwarzarbeit.«

Quelle: https://www.merkur.de/politik/corona-hilfsprogramm-eu-kommission-ursula-von-leyen-750-milliarden-euro-finanzierung-merkel-bonds-zr-13770417.html

Das Thema Schuldenlast und der damit verbundene Zwang zu immerwährendem Konsum (zur Generierung von Einnahmen, mit denen die Schulden zurückgezahlt werden können) besitzen eine Verbindung zur Bargeldabschaffung. Warum das so ist, erfahren Sie in einem Beitrag, der in wenigen Wochen unter dem Titel »Die Bargeldabschaffung kommt im Windschatten einer großen Krise« hier auf dem Blog veröffentlicht werden wird.

Lesen Sie auch einen Artikel zu Giuseppe Contes Ankündigung einer bargeldlosen Gesellschaft auf Bargeldverbot.info.

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